Die lebensfrohe Vollblut-Künstlerin mit dem charmanten Lächeln ist vielseitig und versiert. Sie malt, schreibt, performt, moderiert und darüber hinaus ist sie Galeristin. In ihrer Galerie in der ehemaligen Trinkkurhalle am Timmendorfer Strand zeigt sie Kunst arrivierter Künstler aus Deutschland, Polen und Dänemark . Sicherlich wurde noch was vergessen!
Kurzum, die agile Anja Es verzaubert ihr Publikum durch Können, Charme und einem Augenzwinkern…
Fragen von Rolf Mahler:
kreativwunder:
Was bedeutet Ihr Nachname „Es“, wie sind sie darauf gekommen?
Fantasie war nicht nötig. Der Name steht wirklich im Personalausweis, ist juristisch voll gültig
Schuhe ist für Sie ein wichtiges Thema, was halten Sie von Männern, die auf schöne Frauenfüße in High Heels stehen – können Sie verstehen, warum dies ein Fetisch sein kann?
Natürlich. Psychoanalytisch gesehen ist das ja naheliegend. Ich trage meine zwei verschiedenfarbige Schuhe allerdings nicht, um Schuhfetischisten anzumachen, sondern weil das nach inzwischen vierzig Jahren zu meinem Image gehört. Es ist ein kleines Beispiel dafür, dass man Sachen auch anders machen kann. – eine Haltung, die Künstlern immanent sein sollte.
Wann war Ihnen zum ersten Mal bewusst, eine Künstlerin zu sein?
Diesen Stempel drückt man sich nicht auf die Stirn, ohne zu wissen, was Kunst überhaupt bedeutet. Ich habe also lange damit gewartet und mich erst Künstlerin genannt, nachdem ich mein ganzes privates und berufliches Leben hundertprozentig auf die Kunst ausgerichtet habe. Ich lebe für, mit und von der Kunst.
Was finden Sie selbst an sich gut und schlecht (bitte nennen Sie jeweils 5 Eigenschaften)?
Schlecht: Die leidenschaftliche Ausrichtung auf die Kunst. Das geht manchmal zu Lasten des Geschäftssinns.
Gut: Die leidenschaftliche Ausrichtung auf die Kunst. Das kommt immer einem intensiven Leben zu Gute.
Schlecht: Ich bin ausgesprochen authentisch. Diese Offenheit hat nicht jeder verdient. Das Wort Diehplohmattie kann ich nicht einmal schreiben.
Gut: Ich bin ausgesprochen authentisch. Authentizität halte ich für eine der Grundlagen in der Kunst. Ohne sie entsteht Dekoration.
Schlecht: Ich habe Fantasie. Ich kann mir viel vorstellen. Z. B. die Folgen der Klimaerwärmung oder das Leid der Tiere aus Massentierhaltung.
Gut: Ich habe viel Fantasie. Ich kann mir viel vorstellen. Z. B. ein Buch zu schreiben, noch viel schrägere Bilder zu malen oder zu performen – und ich setze das auch um.
Schlecht: Ich bin ziemlich mutig. Das geht auf Kosten der Sicherheit – was man z. B. an meiner zu erwartenden Rente ablesen kann.
Gut: Ich bin ziemlich mutig. But: No risk, no fun! Ohne Mut wäre ich nie die geworden, die ich eigentlich bin.
Schlecht: Ich bin arrogant. Ich habe keine Lust mehr, mich mit Leute auseinanderzusetzen, die kein Licht in der Lampe haben. Die bewusstlos durch den Konsum taumeln und dumpfes Zeug faseln. Ich möchte meine Zeit lieber mit Leuten verbringen, die klüger sind als ich.
Gut: Ich bin arrogant. Ich habe hohe Ansprüche an meine Künstler und an meine eigene Arbeit. Das hat das Niveau gehoben.
Was halten Sie von Politik und wie beurteilen Sie die aktuelle Situation in Berlin?
Alles ist Politik. Man kann nicht unpolitisch sein, das sollte man sich immer vor Augen halten. Ich halte es aber mehr mit Jonathan Meese, der eine Diktatur der Kunst fordert. In komplizierten Situationen wie der in Berlin frage ich mich immer: Wie kann man Kunst draus machen? Künstler würden sich vermutlich für eine Collage entscheiden. Nähme man eine neue Leinwand, könnte es sein, dass noch mehr Hobbymaler ihr Blau mit brauner Untermalung da rein schmieren.
Was empfinden Sie als Ihren bisher größten Erfolg im Leben?
Die Entscheidung für die Kunst. Das war ein großes Wagnis und hat mich wahnsinnig glücklich gemacht. Ich laufe jetzt nicht mit einem Dauergrinsen durchs Leben, weiß aber, dass ich meine Erfüllung gefunden habe. Ich finde, das ist viel.
Sehen Sie Unterschiede zwischen Künstlern, sagen wir mal Menschen, die davon leben können und diejenigen, die es als Hobby betreiben?
Es gibt Künstler und Künstlerinnen. Das ist eine Berufsgruppe. Man hat entweder Kunst studiert oder lebt professionell davon. Künstler sind Menschen, die ein hohes Risiko eingehen und sehr viel Arbeit für meist wenig Geld leisten; also häufig Idealisten und leidenschaftliche Denker. Leute, die zum Zeitvertreib ein wenig malen sind Hobbymaler. Das zu vergleichen ist absurd und wird keiner anderen Berufsgruppe zugemutet.
Wie empfinden Sie das Internet im Bezug auf Ihre kreativen Künste?
Die Dosis macht´s. Ich werbe mit meinen Homepages und Anzeigen im Internet, freue mich über Online-Veröffentlichungen, nutze Portale etc. Ohne das Internet wären viele meiner Projekte nicht oder langsamer entstanden; die Kommunikation und der Austausch, Information und Verbreitung wird erleichtert. Soziale Netzwerke meide ich. Das hat beruflich sicher Nachteile, denn mir fehlt ein virtuelles Ich, das heutzutage zur Identität wohl dazu gehört.
Der Welt eine perfektionierte Ausgabe meiner selbst zu liefern ist mir aber zu anstrengend und hat wenig mit mir als Person zu tun. Ich brauche die Zeit für die Kunst. Hinzu kommt, dass ich Kritik und Meinung lieber von Leuten höre, die ich sehe. Was die Welt sonst über mich denkt, ist mir nicht wichtig. Ich messe meinen Wert auch nicht an der Zahl der Follower, Fans und Feinde.
Gibt es Aktionen, vor denen auch Sie als Künstlerin zurückschrecken würden oder schon getan haben – welche waren das?
Kunst ohne Inhalt mache ich nicht. Die Kunst zu Dekorationszwecken zu missbrauchen halte ich für ein übles Verbrechen. Blümchenmaler schicken die Kunst zum Anschaffen auf den Strich. Kunst im Dienste von…. widerspricht der Kunstfreiheit. Sehr wohl hat man als Künstlerin aber eine besondere moralische und ethische gesellschaftliche Verpflichtung. Man lässt sich nicht vor irgendeinen Karren spannen, sondern arbeitet frei und verantwortungsvoll. Außerdem stelle ich selbst die Kunst nicht über das Wohl von Menschen und Tieren. Quälerei für die Kunst halte ich für pervers.
Wie sehen Ihre weiteren Pläne für die Zukunft aus, was können oder wollen Sie verraten?
Ich erzähle Ihnen den besten aller jüdischen Witze: Wie bringt man Gott zum Lachen? Mach´ einen Plan.
Vielen Dank für Ihre Antworten.